Mittwoch, 14. November 2012

[Rezension] Rot wie das Meer von Maggie Stiefvater

  • Gebundene Ausgabe: 431 Seiten
  • Verlag: Script5 - junge Belletristik
  • Sprache: Deutsch
  • ISBN-13: 978-3839001479


Klappentext:

Jedes Jahr im November wird die Insel Thisby von Capaill Uisce heimgesucht, Meereswesen, die in Gestalt wunderschöner Pferde Tod und Verderben bringen. Schnell wie der Seewind und tückisch wie das Meer, ziehen sie die Menschen in ihren Bann. 

Wie viele junge Männer der Insel fiebert auch Sean Kendrick dem Skorpio-Rennen entgegen, bei dem sie auf Capaill Uisce gegeneinander antreten. Nicht wenige bezahlen dafür mit ihrem Leben. 

Das diesjährige Rennen aber wird sein wie keines zuvor: Als erste Frau wagt Puck Connolly, sich einen Platz in dieser Männerwelt zu erkämpfen. Sie gewinnt den Respekt von Sean Kendrick, der ihr anfangs widerwillig, dann selbstlos hilft. 

Schließlich fällt der Startschuss und auch diesmal erreichen viele Reiter nicht das Ziel. Ihr Blut und das ihrer Capaill Uisce färben die Wellen des Meeres rot ...



Erster Satz:
         
       Heute ist der erste November und das bedeutet, heute wird jemand sterben. 
 
Das sagt Lucy:

Zu allererst muss ich einmal loswerden: Ich LIEBE das Cover und den Titel! Aber da die Bücher bei Loewe und script5 eigentlich fast ausschließlich mit super-tollen Covern erscheinen, war das keine allzu große Überraschung! Ein großes Lob hier also an die Graphikabteilung bei Loewe/script5!

Dann müsst ihr wissen: Ich habe einen Faible für Legenden und Sagen und Mythen, egal woher sie stammen. Ist einfach etwas sehr Faszinierendes, finde ich. Und Schottland und Irland haben da definitiv einiges zu bieten. Von daher empfand ich die Thematik des Buches von vornherein als interessant und auch, wenn ich  kein Pferde-Narr bin, habe ich Maggie Stiefvaters Version der gefährlichen Wasserpferde gerne gelesen. 

Vermutlich, weil die Betonung bei diesen Pferden auf gefährlich liegt und das gesamte Buch über diese teils gruselige/düstere teils betörende Stimmung wie ein Nebel um einen herumwabert. Und vermutlich auch (und das vor allem!), weil Maggie Stiefvaters Schreibstil einfach richtig gut ist. Ich lese ihre Texte gerne, weil sie meiner Meinung nach etwas sehr atmosphärisches, manchmal sogar etwas poetischen an sich haben. 

Bei ihrer „Nach dem Sommer-Ruht das Licht-In deinen Augen" Reihe hat mich allerdings gestört, dass es (zumindest teilweise) etwas zu verkitscht war; und es kam mir (gerade im ersten Band) etwas zu oft Mein Wolf vor – das fand ich persönlich schon mehr seltsam als romantisch. 

In Rot wie das Meer war das allerdings nicht der Fall, da geht alles sehr unauffällig und zaghaft von statten. Es geht nicht im Vordergrund um die Liebe, doch sie taucht auf; zum einen als die Liebe einer Person gegenüber, die Vertrauen und Zeit benötigt; und dann auch als die Liebe gegenüber eines Tieres, die wohl jeder kennt, der ein eigenes Haustier hat. Diese Liebe beruht auf Respekt, Faszination, Beschützen und Beschützt-werden. Und beide Protagonisten machen während der Geschichte Bekanntschaft mit beiden Arten davon. Und nicht nur, dass ich Sean und Puck, jeden einzeln für sich, klasse fand, zusammen waren sie einfach nur top und total putzig (und ja, ich gebe es zu, auch Corr und Dove sind mir irgendwie ans Herz gewachsen.)

Beide wollen sie an dem sogenannten Skorpio-Rennen teilnehmen, das jedes Jahr im November auf Thisby stattfindet, und bei dem die Inselbewohner versuchen auf den gefürchteten Capaill Uisce zu reiten, als wären sie gewöhnliche Pferde. Es geht dabei um viel Geld, um den Stolz und die Ehre vieler Männer - und jedes Jahr endet dieses Rennen blutig. Sowohl  Sean als auch Puck wollen es gewinnen.  

Sean hat dies bereits einige Male zuvor geschafft und auch wenn ihn nicht jedermann leiden kann und er ein eher verschlossener Einzelkämpfer ist, den Respekt der Inselbewohner hat er sich schon vor langer Zeit verdient. Sie nennen ihn Pferdeflüsterer und wird ein Capaill Uisce auch nur gesichtet, ist er der erste, der gerufen wird. 

Puck hat seit dem Tod ihrer Eltern nur noch ihre Brüder. Familie steht bei ihr an erster Stelle. Und genau um dieser und sich selbst aus Geldproblemen helfen zu können, trägt sie sich als Kandidatin für das Skorpio-Rennen ein; obwohl die Wasserpferde ihr Angst machen und obwohl noch nie eine Frau vor ihr dieses Rennen geritten ist. Sie ist eine kleine Rebellin, eigensinnig und stur, mit roten Haaren und Sommersprossen.

Die Geschichte wird sowohl aus Seans, als auch aus Pucks Sicht erzählt, jeweils aus der Ich-Perspektive. So bekommt man als Leser Einblick in beide Köpfe und Herzen, was mir gerade bei Sean wichtig war, der zwar viel nachdenkt, aber nur halb so viel sagt. 

Auch die Nebencharaktere hat Maggie Stiefvater gewohnt ausgefeilt dargestellt. Teilweise sind sie etwas eigenartig drauf, aber vermutlich wären wir das auch, wenn wir auf dieser Insel leben würden. Und das hat das Ganze auch irgendwie zu etwas Besonderem gemacht.  

Ich konnte das Buch kaum weglegen und hatte es auf einer meiner Wochenend-Zugfahrten zu meinen Eltern in einem Rutsch durch. Hier und da hat es sich im Mittelteil etwas zu sehr in die Länge gezogen, aber im Großen und Ganzen fand ich das Buch toll. Und gruselig, sehr gruselig. Ich meine, ich persönlich hab, seit ich in meiner Kindheit einen Pferdetritt und -biss abgekriegt hab, sowieso ziemlichen Respekt vor diesen Tieren. Und die Vorstellung an diese gefährlichen Wasserpferde hat mir doch den einen oder anderen Schauer über den Rücken gejagt. Und wenn ich jetzt dieser Novembertage am Wasser entlang spazieren gehe, erwische ich mich manchmal dabei, wie ich einen ganz kurzen Moment lang damit rechne, ein Capaill Uisce könnte auftauchen. 

Fazit:

Rot wie das Meer ist bisher mein Liebling unter Maggie Stiefvaters Romanen. Einen extra-dicken Pluspunkt gibt es für die Auswahl der Legende und für das Nachwort. Ansonsten kann ich nur sagen: Wer gerade keine Lust auf zu viel Romantik hat, dafür aber eine Insel mit ganz speziellen Traditionen, interessanten Charakteren und faszinierenden, furchteinflößenden Pferden kennen lernen will, der sollte es sich sofort kaufen! Von mir gibt es 5 von 6 Wombats! Und ich möchte noch einmal ausdrücklich sagen, dass dieses Buch nicht nur etwas für Pferde-Liebhaber ist! 

  

P.S.: Capaill Uisce wird im Übrigen KAPpl ISCHke ausgesprochen! ;-)

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